Zum Inhalt springen

Bewegung im öffentlichen Raum – Perspektiven einer kommunalen Sportentwicklung

Der kommunale Sport befindet sich in einem massiven Wandel. Eine veränderte Sportnachfrage sowie die Berücksichtigung neuer Akteursgruppen sorgen für eine grundsätzliche Neuorientierung des kommunalen Sportstättenbaus. Hinsichtlich der Zukunftsfähigkeit des Sports ist der organisierte Sport gefordert, neue Angebote und Strukturen zu entwickeln, die zum Sport treiben einladen und motivieren.

Sportliche Aktivitäten und die räumlichen Bedingungen stehen in wechselseitiger Abhängigkeit zueinander. Ohne Raum keine Bewegung – ohne Bewegung keine Raumaneignung. Insgesamt ist zu konstatieren, dass der (öffentliche) Raum immer knapper wird und das Sportstättenangebot nur selten den steigenden Einwohnerzahlen angepasst wird. Häufig kommt hinzu, dass vorhandene Sportflächen zugunsten des Wohnungsbaus aufgegeben werden.

Es ist meiner Meinung nach unumgänglich den Gedanken der Funktionstrennung aufzuheben. Sport in der Mitte der Gesellschaft muss sich auch städtebaulich zeigen, d.h. es ist nicht mehr zeitgemäß bei größeren städtebaulichen Entwicklungsvorhaben Sportzentren am Rande zu errichten. Eine integrierte, nachhaltige und somit zukunftsfähige Stadtentwicklung benötigt bedarfsgerechte, wohnungsnahe Sport- und Bewegungsmöglichkeiten für alle Bevölkerungsgruppen.

Ich erachte es als unsere gemeinsame Aufgabe, Sport und Bewegung in den öffentlichen Raum zu integrieren. Hierfür eignen sich insbesondere Grünflächen und Parkanlagen – diese werden immer mehr von informellen Gruppen, aber auch im Rahmen von organisierten „Sport im Park“-Angeboten genutzt. Aufgrund der immer knapper werdenden Freiflächen sind multifunktionale Nutzungen erstrebenswert, die idealerweise in kreativen und innovativen Partnerschaften und Kooperationen bespielt werden. In der Sportwissenschaft wird in diesem Zusammenhang von Sportgelegenheiten gesprochen. Hierunter fallen sowohl Sporträume als auch Sportstätten, d.h. Anlagen mit gedeckten und ungedeckten Flächen, die primär für geregelte und ungeregelte Sportaktivitäten genutzt werden. Bei städtebaulichen Vorhaben sollten vor allem folgende drei Aspekte bedacht werden:

  • Zusammensetzung der Bevölkerungsstruktur → Beachtung milieuspezifischer Besonderheiten,
  • Sportspezifische Bedarfsstruktur der Sporttreibenden und
  • Erreichbarkeit, Ausstattung und Nutzungszeiten.

Für eine nachhaltige und integrierte Stadtentwicklung sind verwaltungsübergreifende Kooperationsstrukturen zwischen den für das Handlungsfeld Bewegung und Sport relevanten Stakeholdern (z.B. Umwelt, Verkehr und Stadtentwicklung) notwendig. Der organisierte Sport sollte stärker in die Stadtentwicklungsprozesse einbezogen werden. Denn Sport leistet entscheidende Beiträge zur Entwicklung einer modernen und dynamischen Stadt.

Sport…

  • stiftet Identität und festigt den sozialen Zusammenhalt in der Stadtgesellschaft,
  • ist Basis für Gesundheit und soziales Leben,
  • sollte überall in der Stadt für alle Bevölkerungsgruppen möglich sein und
  • kann zu regelmäßiger körperlicher Aktivität, z.B. in Sportvereinen, anregen und motivieren.

Das veränderte Sportengagement ist geprägt durch den steigenden Anteil gesundheitsorientierter Aktivitäten, regeloffener Sportstätten sowie die vermehrte Nutzung öffentlicher Räume für Sport und Bewegung (Kähler, 2014; Haase, 2018). Das Streben nach Leistung wird erweitert durch eine Fokussierung des Körperstylings (Hansen & Wilhelm, 2010) und die Suche nach Abenteuer sowie Erlebnis. Charakteristisch ist der immer stärker werdende Wunsch nach zeitlicher Flexibilität und Individualität.

Für die kommunale Sportentwicklung bedeutet das verstärkte Interesse an gesundheitsbasierten Bewegungsangeboten, dass „keine normierten Kernsportanlagen“ (Wopp, 2012, S. 28) benötigt werden, sondern multifunktionale Bewegungs- und Sporträume. Das Interesse am Outdoorsport, das durch die Coronapandemie weiter verstärkt wurde, fordert die sukzessive Erschließung öffentlicher Räume und Weiterentwicklung notwendiger Infrastrukturen.

Die Anpassung sowie gezielte Weiterentwicklung vorhandener Sportstätten an die dargestellten Veränderungen in Bezug auf das Sportengagement und die gesellschaftlichen Wandlungsprozesse bildet eine zentrale Herausforderung für die Zukunft des organisierten Sports. Aufgrund des „nachhaltig veränderten, komplexeren und unübersichtlicheren Sportpanorama“ (Hübner & Wulf, 2009, S. 142) ist die Planung und Entwicklung neuer Sport- und Bewegungsräume unerlässlich. Wopp (2012, S. 27) verweist auf folgende vier zu berücksichtigende Kriterien:

  • Wandel der Sportstättennutzung,
  • Sanierungs- und Modifizierungsbedarf bestehender Anlagen,
  • Erschließung öffentlicher Räume für Bewegungsangebote und
  • Berücksichtigung des Klimawandels.

Unter Einbeziehung des veränderten Sportengagements (neue Bewegungsformen, alternative Motive etc.) kann dies meiner Meinung nach nur in einer integrierten und kooperativen Stadtentwicklung gelingen.

Zum Abschluss möchte ich meine Vision für eine moderne, attraktive und bewegungsfreundliche Heidelberger Innenstadt skizzieren. Eine Umsetzung ist ohne größere finanzielle Mittel in den ersten beiden Quartalen in 2023 möglich, sofern es entsprechende Unterstützung innerhalb der Kommune gibt:

  1. Entwicklung mehrerer Bewegungsinseln innerhalb der Heidelberger Innenstadt, an denen sich abwechslungsreiche Audio-Workouts Das Konzept orientiert sich am Bewegten Campus der Universität Heidelberg. Sportwissenschaftliches Wissen wird in einfacher und ansprechender Form aufbereitet und den Bewegungsinteressierten durch einen Audio-Coach auf die Ohren gespielt. Jede Bewegungsinsel weist eine hochwertige und stabile Schildkonstruktion auf, die einen dynamischen QR-Code beinhaltet. Hinter dem QR-Code befindet sich ein kostenfreies Workout, das die örtlichen Gegebenheiten berücksichtigt und zum Sporttreiben animiert – alleine oder auch in Kleingruppen. Dank der dynamischen QR-Codes lassen sich die Workouts im Hintergrund jederzeit flexibel anpassen und modifizieren. So können einzelne Bevölkerungsgruppen gezielt angesprochen werden oder auch die jeweilige Jahreszeit berücksichtigt werden.
  2. Durch die Anschaffung einer SportBox kann Sportequipment per App ausgeliehen werden – innovativ, sicher und individuell. In der SportBox stehen Trainingsmaterialien wie Medizinbälle, Kettlebells oder Bälle an vielen öffentlichen Plätzen kostenfrei zur Verfügung. Sportinteressierte benötigen lediglich die SportBox-App. Aus meiner Sicht eignet sich besonders der Stadtpark am Bismarckplatz für die erste SportBox in Heidelberg. Um den Standort bekannt zu machen und zum Sporttreiben einzuladen, schlage ich eine integrierte Nutzung durch Bewegungs- und Sportangebote von heiMOVE, dem Hochschulsport von morgen, sowie „Sport im Park“-Angeboten durch Amt 52 und den Sportkreis Heidelberg vor.
  3. Mit der Actionbound-App lassen sich spannende und bewegungsreiche Erlebnistouren durch die Heidelberger Innenstadt gestalten. Mittels GPS-Location, QR-Codes und Mini-Games können zielgruppenspezifische Bounds erstellt werden. Eine interaktive Schatzsuche durch Heidelberg verbindet Kultur, Stadtgeschichte und Bewegung in einem Multimedia-Guide.
  4. Neben Bewegungsinseln und einzelnen Bewegungsstationen (z.B. Schwanenteichanlage) finde ich moderne und multifunktionale Sitz- und Sportgelegenheiten ein wichtiges Element von kommunaler Sportentwicklung. Die Fitnessbank von playparc ist mein absoluter Favorit – eine sinnvolle und gelungene Kombination aus Optik, Funktionalität und Größe. In Verbindung mit einer Bewegungsinsel und dem Audio-Coach entsteht ein attraktives und vielseitiges Workout.

 

Literaturverzeichnis

Haase, A. (2018). Wo bleibt der Sport? – Sportstätten im Spannungsfeld zwischen Stadtentwicklung, Immissionsschutz und Sanierungsstau. In: DOSB (Hrsg.). Kein Platz (mehr) für den Sport? – Perspektiven des Sports in der Stadt. Dokumentation des 24. Symposiums zur nachhaltigen Sportentwicklung am 14./15.12.2017 in Bodenheim. Frankfurt a.M.

Hansen, J. & Wilhelm, A. (2010). Outdooraktivitäten und deren Anreizstrukturen – Wie die Umgebungsqualität die Aktivität beeinflusst. In: J. Ziemainz, J. & W. Pitsch (Hrsg.). Perspektiven des Raums im Sport. Jahrestagung der dvs-Kommission Sport und Raum vom 17. – 18. Juli 2008 in München sowie vom 07. – 08. Oktober 2009 in Köln. Hamburg: Feldhaus, Ed. Czwalina.

Hübner, H. & Wulf, O. (2009). Strategien und Erfahrungen mit kommunaler Sportstätten-entwicklungsplanung in Deutschland. In: E. Balz & D. Kuhlmann (Hrsg.). Sportentwicklung. Grundlagen und Facetten (S. 141-157). Aachen: Meyer& Meyer.

Kähler, R. (2014). Konzepte Integrierter Sportentwicklungsplanung. In: A. Rütten, S. Nagel und R. Kähler (Hrsg.). Handbuch Sportentwicklungsplanung (S. 129-138). Schorndorf: Hofmann.

Wopp, C. (2012). Orientierungshilfe zur kommunalen Sportentwicklungsplanung. Zukunftsorientierte Sportstättenentwicklung (Bd. 16). Frankfurt a. M.: Landessportbund Hessen.

Kommentar verfassen

%d